Es ist Herbst. In Myra wie in vielen anderen Städten gibt es große Unruhe. Die Göttin Artemis will sich rächen, weil Nikolaus mit den Steinen ihres Heiligtums eine kleine Kapelle vor der Stadt gebaut hat. Für einige derjenigen, die damals aus den Steinen eines Artemis-Tempels eine Kapelle gebaut haben, künden die Novemberwolken kommendes Unheil an.
Zwar ist das schon einige Jahre her. Aber mit dem Herbst kommen die Erinnerungen zurück. Ständig ziehen schwarze Wolken über Myra hinweg. Die Menschen sehen darin die Vorboten einer schlimmen Heimsuchung. Dimitrius, einer von ihnen, wird von schlimmen Ahnungen bedrängt. Er hat nachts bedrückende Träume. Artemis und andere Götter, die von den Christen nicht mehr verehrt werden, scheinen zurückzukehren. Dimitrius ist sich nicht sicher, dass diese Götter einfach verschwunden sind, auch wenn er aus den Predigten weiß, dass das allenfalls Dämonen gewesen sein können. Denn es gibt nach der neuen Religion nicht viele Götter, sondern nur den einen Gott. Aber es gibt Dämonen. Oberhalb von Myra, in den Felsgräbern könnten die Dämonen hausen. Und wenn Artemis keine Göttin wäre, sondern ein gefallener Engel, dann wäre sie wieder in den Wäldern als Jägerin unterwegs und würde mit ihren Pfeilen auf Menschen zielen, um diese krank zu machen. Können die Atemkrankheiten und die Lungenentzündungen durch ihre Pfeile verursacht werden, von denen vor allem ältere Menschen seit einiger Zeit zunehmend heimgesucht werden?
Dimitrius wagt kaum noch, die Augen zu schließen und hat immer eine Öllampe am Brennen. Dafür muss er nachts zweimal aufstehen, um das Öl nachzufüllen.
Als er in einer Nacht das erste Mal aufwacht, sind die dunklen Wolken verschwunden. Beim Nachfüllen des Öls kann er die Sterne sehen. Er legt sich beruhigt hin und kann gleich einschlafen. Da wird es in seinem Zimmer hell. Ein Mann kommt mit einer großen Lampe herein. Dimitrius kann dessen Gesicht kaum erkennen, da dieser die Lampe niedrig hält. Die Erscheinung löst bei ihm überraschenderweise keine Angst aus. Der Mann bleibt in der Mitte des Zimmers stehen und zeigt Dimitrius eine Pflanze, die dieser nicht genau erkennen kann. Ganz leise hört Dimitrius den Greis sagen: Dimitrius, das ist eine Pflanze gegen die Atemnot. Du findest sie oberhalb der Gräber, wo sie in den Felsen wächst. Hole von dort genügend Pflanzen, um sie den Menschen zu bringen, die Heilung suchen. Sie sollen die Blätter zerreiben und den Duft einatmen. Oder die Blätter mit heißem Wasser aufbrühen. So werden sie ebenfalls geheilt. Lege eine Pflanze auch neben Dich, damit Du ruhiger schlafen kannst.
Dimitrius ist zuerst etwas erschrocken. Er soll an den Gräbern vorbei in die Felsen steigen?! Streift da nicht Artemis herum? Die Christen meiden aus Angst vor Dämonen die in den Fels gehauenen Gräber. Da wird es in seinem Zimmer auf einmal noch heller, so dass Dimitrius die Gesichtszüge des alten Mannes etwas deutlicher sehen kann. Ehe er ihn nach seinem Namen fragen kann, erkennt er nur ein kurzes Lächeln und der Greis ist verschwunden. Er spürt aber, wie es auch in ihm hell wird.
Eine Pflanze gegen eine Krankheit, gegen die bisher kein Kraut gewachsen schien. Als die Sonne erste Strahlen über die Berge in sein Zimmer wirft, bricht er auf. Es nimmt die Pflanze mit, die der Greis ihm überreicht hatte. Tatsächlich findet er schließlich oben im Berg einige Exemplare und bringt sie in die Stadt. Mit den Rezepten aus der Nacht kann er schließlich viele von ihrer Atemnot befreien. Nach einigen Tagen merkt er: Seit er sich um andere kümmert, sind auch seine Albträume verschwunden. Ihm wird deutlich: In Myra, der Stadt des hl. Nikolaus, muss sich niemand vor Dämonen fürchten und: Nikolaus befreit von Ängsten.